Hoons und ihre Spielzeuge – Spoilerland
“Hoon” ist ein typisch australischer Ausdruck, den man nur schwer ins Deutsche übersetzen kann, da er für ein vielfältiges Verhalten steht. Eine sehr trockene aber treffende Erklärung für Hoons findet sich bei Wikipedia:
“Hoon ist ein im Sprachraum Australiens und Neuseelands geläufiger Begriff für Fahrzeugführer, welche im öffentlichen Straßenverkehr gesetzeswidrige oder antisoziale Verhaltensweisen zeigen, wobei diese oft dafür geeignet sind, die Aufmerksamkeit von Passanten oder Zuschauern auf sich zu ziehen.
Ein Hoon, oder jemand der Hooning betreibt, beschreibt eine Einzelperson am Steuer oder auch mehrere Insassen eines Fahrzeuges, welche Verhaltensweisen im öffentlichen Straßenverkehr zeigen, die einen Gesetzesverstoß darstellen, rücksichtslos oder gefährlich sind oder in einer anderen Form als belästigend angesehen werden. Zu den üblichen Verstößen gehören das Fahren mit weit überhöhter Geschwindigkeit, Burn-Outs, Driften, Beschleunigen mit durchdrehenden Reifen oder die Beteiligung an illegalen Straßenrennen. “
Wahrscheinlich gibt es im Deutschen keine wirkliche Übersetzung für den Begriff “Hoon”, da diese spezifischen Verhaltensweisen außerhalb Australiens in wesentlich geringerem Umfange vorkommen.
Als Beobachter in Australien fällt einem auf, dass es hier jede Menge extrem aufgemotzte Autos gibt und sich der Spoiler am Auto generell extremer Beliebtheit erfreut. Dazu kommen sogenannte “Sport-Auspuffe”, die in erster Linie ein sportliches Fahrzeug mit sportlichem Motor simulieren sollen, da für manche Fahrzeugbesitzer der Klang eines Fahrzeugs ein wichtiger (emotionaler) Faktor ist, der ganz wesentlich vom Auspuff beeinflusst wird.
Es ist zwar schon nahezu 40 Jahre her, dass ein Formel 1-Weltmeister aus Australien kam (Alan Jones 1980), aber anscheinend meinen viele australische Männer, dass sie zum Formel-1-Weltmeister geboren sind oder zumindest so cool sind, wie es James Dean einst war.
Um dieses Gefühl zu unterstreichen, gehört natürlich ein entsprechendes Auto dazu. Da oft für richtige Sportwagen (Ferrari, Lamborghini, Porsche, Mercedes-AMG, Bugatti, etc.) die finanziellen Mittel fehlen müssen eben sogenannte Muscle-cars als Ersatz dienen. Das sind Autos, die auf Serienmodellen basieren, jedoch teilweise wesentlich stärker motorisiert sind. Weiterhin werden die Autos dann mit oft extrem lächerlich wirkenden (und nutzlosen) Spoilern in der Größe eines Kneipentresens, mit Aufklebern angedeutete Lufteinlässe sowie dem sonstigen üblichen Autozubehör wie breiten Niederquerschnittsreifen, Alufelgen, tiefergelegtem Fahrwerk, Türschweller und nicht zuletzt dem wichtigen Sport-Auspuff ausgestattet.
Manche angebauten Auspuffe haben Ausmaße wie die Abflussrohre von Toiletten und klingen auch gleichermaßen. Viele sind dabei so ausgelegt, dass man sie auch jederzeit per Schalter auf “diskrete Schallpegel, die nicht die falsche Aufmerksamkeit erregen” umschalten kann.
Und wenn man dann schon so ein Auto hat, ist man natürlich gezwungen, es auch zeigen. Dafür muss man anscheinend jedes Wohngebiet einmal abfahren und dabei immer wieder demonstrieren, wie extrem laut der Sport-Auspuff sein kann. Beide Fenster sind dabei natürlich heruntergekurbelt und eine Hand muss heraushängen. Hinten mündet das dünne Serienrohr des Vierzylinders in ein Ofenrohr, in das ein Handball reinpassen würde, und das Aggregat entfesselt seine 70 PS bei 7000 Umdrehungen.
In Deutschland würde man daran denken, dass der Auspuff sicherlich kaputt ist und eines Werkstattbesuchs bedarf, doch in dem Kreise der Muscle-Driver ist scheint es schon als besonders cool und männlich zu gelten, wenn man nur in der Lage ist, das Gaspedal runter zu drücken und der Auspuff dabei besonders viel Krach macht.
Höhepunkt der Burn-Out.
Viele denken beim Burnout eher an persönliche Krisen, was bei vielen der Hoons sicher auch zutrifft, doch bei dem hier gemeinten Burn-out lassen die Hoons die Räder einer Achse (bei gezogener Bremse für die andere Achse) durchdrehen. Dabei wird dann nicht nur viel Kraftstoff verbraucht, sondern die Reifen verschleißen sehr schnell und sind danach meist unbrauchbar. Auch dass andere Teile des Fahrzeuges, wie u.a. Getriebe und Antriebswellen, dabei erheblich verschleißen, scheint dabei ebenso keine Rolle zu spielen, wie der Fakt, dass man solch ein unsoziales Verhalten eher von pubertierenden Teenagern erwartet als von erwachsenen Männern.
In nahezu allen Gegenden findet man Spuren von Burn-outs, innerorts und außerorts, in reinen Wohngebieten wie in Geschäftsvierteln, auf Neben- und Hauptstraßen ja sogar auf Autobahnen. An manche Stellen, an denen seltener die Polizei vorbeikommt, zeugt großflächiger extremer Reifenabrieb sowie jede Menge Reifenreste von fest etablierten Treffpunkten für solch ein (meist nächtliches) Treiben.
Reste eines Treffens der besten Kunden von Reifengeschäften
Überhaupt scheint man sich hier etwas von der Graffiti-Scene abgeschaut zu haben und versucht, sein Burn-out-Tag an möglichst prominenten Stellen, z.B. einer belebten Straßenkreuzung, zu hinterlassen. Man kann dann bei anderen Hoons (denn nur die finden so etwas wohl toll) damit prahlen.
Zwar ist in fast allen Bundesstaaten Australiens die Gesetzgebung zur Verhinderung des “Hooning” verschärft worden, was teilweise dazu führen kann, dass die Fahrzeuge von der Polizei eingezogen und verschrottet werden können, doch scheint das keinen Effekt zu haben. Wir hören jeden Tag und insbesondere jede Nacht die Hoons mit ihrem Machogehabe herumfahren und sehen nahezu täglich auf den Straßen neue burn-marks.
Interessant ist, dass überhaupt z.B. diese Sport-Auspuffe, welche zwischen Krach und normal umgeschaltet werden können, legal verkauft werden dürfen. Manche werben sogar indirekt damit, dass in der Nähe von Polizei etc. die Auspuffe umschalten kann:
“This means, if you attract the wrong type of attention, you can make the exhaust quiet. When it is switched to quiet, it is dead quiet – like stock. This is especially handy for early morning starts or if Police are about“
Evtl. würde es auch schon helfen, wenn es in Australien in allen Bundesstaaten so etwas wie eine KFZ-Hauptuntersuchung (“TÜV” gäbe, bei der man sein Auto alle zwei Jahre regelmäßig auf Sicherheit überprüfen lassen muss …