Leben in AustralienPolitikWirtschaft

Made in Australia

In Deutschland hatten wir einen Filmprojektor der Marke ‘Hanimex’. Dies ist die Kurzform für Hannes Import Export, welcher in Australien Kameras, Objektive und andere Fotoausrüstung vertrieb. Obwohl die Projektoren nicht “Made in Asutralia” wurden, gab es in unserem Haushalt eine australische Marke. Das einzige andere australische Produkt, an das ich mich erinnern kann und das wir später regelmäßig kauften, war Rotwein.

If you had asked anyone those days about Australia, you would have received an answer which possibly contained words like kangaroo, koala, Sydney, crocodile, snake, Ayers Rock, convict, barbecue, steak or Quantas. But the name of anything made in Australia?

Wenn man damals jemanden nach Australien gefragt hätte, hätte die Antwort möglicherweise Wörter wie Känguru, Koala, Sydney, Krokodil, Schlange, Ayers Rock, Sträfling, Barbecue, Steak oder Quantas enthalten. Aber keiner kannte Produkte, die in Australien hergestellt wurden.

Aussie, Aussie, Aussie

Australier glaubten (und glauben immer noch), dass “Australian Made” ein Ausdruck für Qualitätsprodukte ist. Und dieses Gefühl wurde von der Industrie stark gefördert. Als ich 1993 zum ersten Mal nach Australien kam, konnte man überall alle Arten von Logos sehen – oft mit einer australischen Flagge – die den australischen Ursprung maßgeblich herausstellten. Für mich war das nicht leicht nachzuvollziehen.

Es war (und ist zum Glück immer noch) mehr oder weniger undenkbar, dass man in Deutschland auf so vielen Produkten die deutsche Flagge platzieren würde. Besonders zusammen mit Aussagen wie ‘stolz deutsch’, ‘im Besitz von Deutschen’ oder ‘In deutschem Besitz und stolz darauf’. In den ‘1000 Jahren’ zwischen 1933 und 1945 wurde das Deutschtum so stark nationalistisch zu Geltung gebracht, dass es für weitere 1000 Jahre reicht. Darüber hinaus frage ich mich auch, was Menschen anderer Länder sagen würden, wenn sie heute solche Aussagen auf deutschen Produkten finden würden.

Logos of Made in Australia in the 90s
Logos von “Made in Australia” in the 90zigern

And since then, Australia has even extended it’s labelling of “Made in Australia”.

Und seitdem hat Australien die Kennzeichnung ‘Made in Australia’ sogar noch erweitert.

Herkunftskennzeichnung für in Australien verkaufte Lebensmittel

2016 hat die australische Regierung ein Gesetz eingeführt, nach dem Lebensmittelunternehmen den Prozentsatz der australischen Zutaten angeben müssen sowie, ob das Produkt in Australien erzeugt, hergestellt oder angebaut wurde. Infolgedessen müssen die meisten Lebensmittel in Australien jetzt eine entsprechende Angabe enthalten. Diese Regelung betrifft jedoch hauptsächlich die ‘Australianness’ von Produkten und sagt nicht über die Herkunft der wichtigsten importierten Zutaten.

Variations of country of origin labels (golden kangaroo in triangle)
Variationen der Herkunftsbezeichnungen

Darüber hinaus können Lebensmittelunternehmen behaupten, dass ihr Produkt in Australien hergestellt wird, wenn das Lebensmittel nur in Australien verarbeitet wird. Das heißt aber nicht unbedingt, dass die Zutaten tatsächlich aus Australien stammen. Z.B. Hersteller, die vollständig importiertem Schweinefleisch in Australien nur Salzwasser hinzufügen, können als “Made in Australia” bezeichnen

In einer kürzlich durchgeführten Umfrage unter mehr als 20.000 Abonnenten von CHOICE gaben fast alle Befragten an, dass es für sie wichtig sei, zu wissen, woher die von ihnen gekauften Lebensmittel und Getränke stammen. Wenn eine Herkunftsbezeichnung auf Lebensmitteln ‘Hergestellt in Australien aus 0 % australischen Zutaten’ angibt, macht es meiner Meinung nach schon einen Unterschied, woher die Zutaten stammen.

“Made in Australia”-Kampagne und Zolltarife

Auch Non-Food-Unternehmen bewerben ihre Produkte immer noch regelmäßig als “Made in Australia” oder stellen heraus, dass ihre Firma im Eigentum von Australiern sei. Sie hoffen, dass dies bei Australiern zur Unterstützung australischer Produzenten und somit zur Steigerung des Umsatzes führen wird.

Neben der Kennzeichnung wurde die Herstellung von Gütern in Australien durch protektionistische Zölle erheblich unterstützt. Das machte australische Produkte gegenüber Importen billiger und damit wettbewerbsfähiger. Infolgedessen erreichte die australische Produktion hinter diesen Zollschranken in den 60er Jahren ihren Höhepunkt. Zum Beispiel hatte die Autoindustrie ein Zollniveau von über 200 Prozent. Das Schutzniveau war auch in den 1970er und 1980er Jahren immer noch hoch.

Ich war sehr überrascht, als ich die exorbitanten Preise für importierte Autos sah, als ich 1993 zum ersten Mal nach Australien kam. Ein VW Golf z.B. war in Deutschland ein Standardauto, das weitgehend erschwinglich war. Hier in Australien war es ein Luxusartikel.

Aber die Zolltarife waren ein zweischneidiges Schwert. Der Effekt war nicht nur, dass importierte Produkte teurer waren, sondern auch, dass die Preise für australische Produkte über ein ‘normales’ Wettbewerbsniveau stiegen und die Inflation in die Höhe trieben. 1974 wurde die Marke von 15 % überschritten. Dementsprechend mussten die Australier für minderwertige lokale Produkte einen hohen Preis zahlen. Normalerweise sollten Zollschranken im Laufe der Zeit allmählich verringert werden, da Unternehmen lernen, miteinander zu konkurrieren, ihre Produktivität zu verbessern und sich dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Aber das ist nicht passiert.

Eher hatten die Produzenten das Gefühl, auf einer Insel der Glückseligen zu leben, und waren geschickt darin, politisch immer höhere Zölle durchzusetzen.

Zollsenkungen wirkten sich destruktiv aus

Ende der 80er und Anfang der neunziger Jahre kehrte Australien seine Politik um und baute Zollschranken weitgehend ab. Für das verarbeitende Gewerbe war es verheerend. Die Branche war dem Wettbewerbsdruck ausgesetzt, einige gingen bankrott und andere ins Ausland. Das verarbeitende Gewerbe in Australien schrumpfte von rund 30 Prozent auf rund 6 Prozent des BIP. In den späten 1980er Jahren war das verarbeitende Gewerbe mit 16,5 Prozent der Belegschaft der größte Arbeitgeber in Australien. Mittlerweile arbeiten weniger als 1 Million Menschen in der Branche, was 6,4 Prozent der Arbeitsplätze entspricht.

Graphic: Manufacturing share of GDP in Australia

Australiens umfangreiche Bodenschätze sowie andere Primärprodukte wie die Landwirtschaft machen jetzt etwa drei Viertel seiner Warenexporte aus. Mit anderen Worten Australien gräbt seine Rohstoffe einfach aus dem Boden und schickt sie dann in andere Länder. Dort werden sie anschließend zu Mehrwertprodukten verarbeitet, die Australien danach wieder einführt.

 Das Ende der Automobilproduktion in Australien

Im Oktober 2017 wurde in Australien die letzte Autofabrik dichtgemacht. Nach 100 Jahren Autoherstellung in Australien schloss der australische Außenposten von General Motors, Holden, seine Türen. Vor Holden hatten bereits Ford, Toyota und Mitsubishi die Produktion von Autos in Australien eingestellt. Nicht nur der harte internationale Wettbewerb musste dafür verantwortlich gemacht werden, sondern auch, dass die Hersteller die Änderung des Käuferverhaltens nicht sahen.

Der australische Verbraucher bevorzugte lange Zeit 6- und 8-Zylinder-Limousinen wie den Holden Commodore mit einer Corvette V8 und den Turbo Ford Falcon. Dann stiegen der SUV und sparsamere Fahrzeuge mit kleineren Motoren in der Beliebtheitsskala – und lokale Hersteller und ihre brüllenden Motoren wurden von den Einkaufslisten der Käufer gestrichen.

Im Februar 2020 wartete Holden mit weiteren traurigere Nachrichten auf für alle, die Fans von großen V8-Motoren, massiven Burnouts und gelegentlichen Utes sind: Holden wird den Laden 2021 dichtmachen. Vertrieb, Design und Engineering für die Marke werden vollständig eingestellt, was den letzten Schlag für die Automobilindustrie dieses Landes darstellt. Ein von GM angegebener Grund war, dass sie die Herausforderungen der Investitionen nicht bewältigen konnten, die für den stark fragmentierten Markt für Fahrzeuge mit Rechtslenkung erforderlich sind.

Abhängigkeit von Importen

Die wirtschaftlichen Shutdowns infolge der Coronavirus-Pandemie hat die Verwundbarkeit der australischen Handelswege deutlich gemacht. Die Abhängigkeit von Industriegütern aus dem Ausland und insbesondere die übermäßige Abhängigkeit Australiens von Lieferungen aus China wurden deutlich.

Im Juni oder Juli konnte man bei großen Einzelhändlern wie K-Mart, Target oder sogar JB-Hifi das Gefühl bekommen, dass sie kurz vor der Aufgabe standen. In den Regalen klafften große Lücken, was nahezu alle Arten von Waren betraf. Sogar Ausstellungsstücke waren weg. Und jetzt im Oktober ist die Situation nicht viel besser. Viele Produkte sind einfach nicht verfügbar oder es dauert Wochen, bis man sie bekommen kann. Das erinnert mich an Zeiten, als ich ein Teenager war, als viele Produkte generell nur auf Bestellung verfügbar waren und man ebenfalls wochenlang auf die Lieferung warten musste.

Scheinbar australische Produkte

Infolgedessen wird auch deutlich, dass es unechte, angeblich „Australian Made“ -Produkte gibt.

R.M. Williams zum Beispiel kann als australische Warenikone angesehen werden. Die Firma hat eine ziemlich lange Geschichte in der Herstellung hochwertiger Schuhe, insbesondere von Chelsea-Stiefeln (locker sitzende, knöchelhohe Stiefel mit elastischer Seitenwand), aber auch von Reitstiefeln und anderen. Ich habe selber zwei Paar Stiefel von R.M. Williams und ich liebe sie.

Auf der R.M. Williams-Webseite bekommt man den Eindruck, dass ihre Produkte in Australien hergestellt werden, aber das ist nicht immer der Fall. Außer Stiefel und Lederwaren werden die meisten anderen Produkte von R. M. Williams außerhalb Australiens produziert, hauptsächlich in China und Südostasien. Und R.M. Williams gehört nicht einmal mehr Australiern. Im Jahr 2014 erwarb das Luxusmodehaus Louis Vuitton Moët Hennessy (LVMH) R.M. Williams.

Auch andere bekannte australische Schuhhersteller wie Blundstone und Baxter Boots stellen noch einige Stiefel in Hobart und Goulburn her. Die meisten werden jetzt jedoch in China, Vietnam und Indien produziert. Blundstone hat auch eine Fabrik in Mexiko für den nordamerikanischen Markt eröffnet.

Und was könnten die Zukunftsaussichten sein?

In diesen Covid-19-Zeiten sprechen viele Leute davon, die Produktionsbasis Australiens wiederherzustellen, die es einmal hatte. Dies würde aber wieder in großem Umfange Zollschranken erfordern. Und das wäre nicht billig. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit und die Arbeitsplätze Australiens in erster Linie beeinträchtigen, weil die Zölle wie eine Steuer auf die Bevölkerung wirken würden. Man muss sich nur die USA heute oder die Zeiten der protektionistischen Ära Australiens ansehen.

Australien ist der weltweit größte Exporteur von Gas und Kohle. Daher betrachtet die derzeitige nationale Regierung Kohle und Gas als das Hauptmittel für die Erholung der von COVID-19 betroffenen Wirtschaft und auch für die Versorgung mit billiger und zuverlässiger Energie. Meiner Meinung nach ist dies kein wirklich nachhaltiger Weg. Der Rückgang des Kohleverbrauchs in China und das Vorgehen gegen die Umweltverschmutzung dort lassen auf düstere Aussichten für Kohle- und Gasexporteure wie Australien schließen. Die australische Industrie könnte jedoch von einem Schwenk hin zu sauberen und umweltfreundlichen Technologien profitieren.

 Australien – eine Supermacht für erneuerbare Energien

Australien hat eine lange Küste, intensiven Sonnenschein, eine stabile Gesellschaft und zuverlässige Regierungen. Daher wäre es ein ideales Land, um weltweit führend bei großflächigen und kostengünstigen Infrastrukturen und Energiespeichern für erneuerbare Energien zu werden. Australien könnte eine Supermacht für erneuerbare Energien werden. Das Wachstum dieser Branche erfordert jedoch staatliche Unterstützung und eine gut konzipierte, parteiübergreifende Politik, die langfristig Bestand hat. Kurzfristige politische Unterstützung wird nicht ausreichen, um eine so florierende Branche zu schaffen. Aber es gibt immer noch viele Leute, die sagen: ‘Nein, wir müssen unseren kohlebefeuerten Strom behalten.’ Ich bin der Meinung, dass Australien diese kulturelle Auseinandersetzung um den Klimawandel überwinden und diese einmalige Gelegenheit nutzen muss.

Eine weitere Option wäre die Förderung von Innovationen mit Forschungs- und Entwicklungsanreizen. Es wurde schon einmal gemacht. Und innovative Produkte erfordern hochqualifizierte Arbeitskräfte. Dies sind vor allem die Arten von Produkten, die andere Länder mit niedrigeren Löhnen einfach nicht nach dem gleichen Standard produzieren können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


The reCAPTCHA verification period has expired. Please reload the page.