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Kraftstoffverbrauch und Kraftstoffpreis – große Autos

Wenn man mehr Zeit in Australien verbringt als nur einen Kurzurlaub oder eine Geschäftsreise, werden man vielleicht feststellen, dass der Kraftstoffpreis in Australien im Vergleich zu den meisten Ländern der Welt sehr niedrig ist und viele große Autos auf australischen Straßen unterwegs sind. Vor allem die allgegenwärtige “Ute“. Darüber hinaus ist eine „Hoon-Kultur“ von „Auto-Enthusiasten“ sehr ausgeprägt. Hat das alles Auswirkungen auf den durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch. Ich wollte es herausfinden.

Die Internationale Energieagentur (IEA) hat 2019 einen Bericht veröffentlicht, der sich unter anderem dieser Frage widmet („Fuel Economy in Major Car Markets: Technology and Policy Drivers 2005-2017“). Dieser Bericht untersucht den Kraftstoffverbrauch von neu zugelassenen leichten Kraftfahzeugen (light-duty vehicles – LDV) weltweit von 2005 bis 2017. LDVs sind eine Kategorie, die als Pkw und leichte Nutzfahrzeuge unter 3,5 Tonnen definiert ist. Zur besseren Lesbarkeit verwende ich den Begriff ‘PKW’ für LDV.

Durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch weltweit mit am höchsten

Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch zwischen den untersuchten Ländern unterscheidet sich stark und liegt zwischen 5,2 l/100 km und 8,9 l/100 km. Ein großer Unterschied ist zu sehen zwischen

  • fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit einem Kraftstoffpreis unter USD 1/l –
    Australien, Kanada und die USA, mit einem Kraftstoffverbrauch im Bereich von 7,9 bis 9 l/100 km liegt

und

  • fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit Kraftstoffpreisen über 1 USD/l –
    Europäische Union, Türkei, Japan und Korea, mit einem Kraftstoffverbrauch pro Kilometer zwischen 5,2 und 6,5 l/100 km.
Tabelle: LDV-Kraftstoffverbrauch und Fahrzeugeigenschaften nach Land, 2017
LDV-Kraftstoffverbrauch und Fahrzeugeigenschaften nach Land, 2017
Quelle: IEA-Analyse basierend auf der IHS Markit-Datenbank (IHS Markit, 2018).

Australien verbraucht weit mehr als der weltweite Durchschnitt, was auf größere und daher weniger effiziente Fahrzeuge zurückzuführen ist.

Australien hatte 2017 einen durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch von 7,9 Liter/100 km, während z.B. Deutschland bei 5,9 l, Italien bei 5,2 l und die USA bei 8,6 l/100 km lag. Das bedeutet, dass australische PKWs pro 100 km rund 52 % mehr Kraftstoff verbrauchen als PKWs in Italien und 34 % mehr als in Deutschland.

Grafik: Kraftstoffverbrauch im Verhältnis zum BIP und Kraftstoffpreis (2016) für ausgewählte Länder, 2017
Kraftstoffverbrauch im Verhältnis zum BIP und Kraftstoffpreis (2016) für ausgewählte Länder, 2017
Quelle: IEA-Analyse basierend auf der IHS Markit-Datenbank (IHS Markit, 2018); Weltbank (2018) für das Pro-Kopf-BIP (2017) für Kraftstoffpreise

Schwerere und größere Fahrzeuge

Fortgeschrittene Länder mit relativ geringer Bevölkerungsdichte und niedrigen Kraftstoffpreisen haben einen größeren Anteil an SUV/Utes als andere fortgeschrittene Volkswirtschaften. Dies gilt insbesondere für Australien, wo 2017 etwa 30 % des Autoabsatzes große SUVs (wie z. B. Ford F-150, Toyota Hilux, BMW X5, Isuzu D-Max oder Audi Q7) waren. Kleine SUV/Utes (wie Toyota RAV4, Honda CR-V) hingegen machten 29 % aus. Dahingegen haben die Europäische Union, Japan und Korea mit viel höherer Bevölkerungsdichte und höheren Kraftstoffpreisen durchschnittlich kleinere Fahrzeuge. In Japan hatten große SUVs 2017 nur einen Marktanteil von 2 % und kleine SUV nur 9 %. In Deutschland, Frankreich, Korea und Großbritannien machten große SUVs weniger als 5 % des Pkw-Marktes aus.

Auch das Fahrzeuggewicht korreliert eng mit dem Kraftstoffverbrauch. 70 % der 2017 in Australien verkauften Neuwagen wogen mehr als 1,4 Tonnen. Damit gehört Australien zu den Märkten mit dem höchsten durchschnittlichen Fahrzeuggewicht der Welt. Im Gegensatz dazu wogen rund 70 % der Neuwagen in Frankreich und Italien weniger als 1 400 kg und waren damit die kraftstoffsparendsten unter den untersuchten Ländern.

Darüber hinaus stellte der Bericht fest, dass Stadtautos in der Europäischen Union 15 % effizienter sind als vergleichbare Autos in Australien. Generell lässt sich sagen, dass der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch in fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit Kraftstoffpreisen über 1 USD/l effizienter ist als in Marktsegmenten ähnlicher Fahrzeuggrößen in Volkswirtschaften mit Kraftstoffpreisen unter 1 USD/l.

Kraftstoffverbrauch sinkt langsamer

Zwischen 2010 und 2017 verbesserte sich der durchschnittliche Gesamtkraftstoffverbrauch in fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit Kraftstoffpreisen über 1 USD/l um 15 % und in fortgeschrittenen Volkswirtschaften mit Kraftstoffpreisen unter 1 USD/l nur um 9,5 %.

Zwischen 2015 und 2017 verlangsamte sich die Verbesserungsrate des Kraftstoffverbrauchs jedoch weltweit auf 1,4 % pro Jahr. Und in fortgeschrittenen Volkswirtschaften sogar nur auf 0,2 % pro Jahr. Zu den wichtigsten Treibern der jüngsten Entwicklungen gehört der rapide Rückgang des Dieselabsatzes in mehreren großen Fahrzeugmärkten. Dies ist in Europa am bemerkenswertesten. 2017 waren weltweit 76 % der verkauften Neuwagen Benziner und knapp 17 % Diesel.

Auch die wachsende Nachfrage der Verbraucher nach größeren Fahrzeugen ist ein wichtiger Faktor. Australien hat einen besonders hohen Marktanteil von SUVs sowie Utes und lag 2017 bei 60 %.

Verbindliche Kraftstoffverbrauchsnormen wirken sich aus

Die Verbesserungsrate des Kraftstoffverbrauchs war in Ländern nach Umsetzung von Kraftstoffverbrauchsstandards oder effizienzbasierten Kaufanreizen um fast 60 % höher als in Ländern ohne Standards und Anreize. Die höhere Rate spiegelt sich auch in dem höheren Marktanteil elektrifizierter Fahrzeuge (Hybride, Plug-in-Hybrid-Elektrofahrzeuge, batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge wider. Regulierte Länder sind unter anderem Kanada, China, die Europäische Union, Japan, Korea oder die Vereinigten Staaten. Wohingegen Australien keine Vorschriften hat, aber einige Anreize wie Brasilien, Chile, Malaysia, Südafrika, Thailand und die Türkei.‎

‎Kraftstoffsparende Technologie – Turboaufladung‎

‎Turbolader ermöglichen die Rückgewinnung von Energie aus Abgasen. Dadurch kann der Motor während des gesamten Antriebszyklus näher an seiner optimalen Effizienz arbeiten. Darüber hinaus können Fahrzeuge mit der gleichen Nennleistung mit geringerem Hubraum und geringerem Motorgewicht produziert werden, wodurch der Kraftstoffverbrauch weiter reduziert wird.‎

‎Dennoch ist die Verbreitung von Turboladern in Benzinmotoren in Australien geringer, wo der Hubraum nach wie vor viel größer ist als anderswo. Der geringere Anteil an Turbobenzinern in Australien könnte zum Teil auf generell niedrigere Kraftstoffoktanwerte zurückzuführen sein.‎

Elektrifizierung wird entscheidend sein‎

‎Die Elektrifizierung von Kraftfahrzeugen wird von entscheidender Bedeutung sein, um sicherzustellen, dass der Kraftstoffverbrauch effektiv verbessert werden kann. Länder mit derzeit hohen durchschnittlichen Kraftstoffverbrauchswerten, wie Australien, könnten am meisten von der Elektrifizierung profitieren, da die Effizienz der elektrifizierten Fahrzeuge weniger von Größe und Gewicht abhängt.‎

‎Die Nutzung kraftstoffsparender elektrischer Antriebstechnologien (hybrid, plug-in-hybrid und batterieelektrisch) ist in Ländern mit Vorschriften und Anreizen höher als in Ländern ohne. Der Marktanteil bei elektrischen Antrieben erreichte 2017 nur 1,1 % in Australien, wo es keine Bundesvorschriften für den Kraftstoffverbrauch gibt, obwohl mehrere Bundesstaaten Anreize bis zu 4 % des Fahrzeugpreises bieten‎‎(Queensland Government, 2018; NSW Government, 2018‎‎).‎

‎Keine klare Politik ‎

‎Leider gibt es in Australien keine klare Politik in Bezug auf Elektrofahrzeuge (EVs). Ein Flickenteppich widersprüchlicher Vorschriften und Straßenbenutzungsgebühren zwischen Staaten und Territorien hemmt die Verbreitung von Elektrofahrzeugen.‎

Erst kürzlich hat der australische Minister für “Emissionsreduktion”, Angus Taylor, eine Politik ausgeschlossen, die anderswo zum Anreiz zum Kauf von Elektrofahrzeugen eingesetzt wird. Diese Maßnahmen könnten direkte Subventionen für Verbraucher umfassen oder ein Verbot des Verkaufs neuer Autos mit fossilen Brennstoffen ab 2030 oder 2035, wie in Deutschland, Großbritannien, Indien, Thailand und Japan zugesichert. Stattdessen gibt die australische Bundesregierung Milliarden Dollar für Subventionen für die riesigen Utes ‎‎aus, die den australischen Autoabsatz dominieren.‎

‎Allerdings ist ab Mai 2021 für Bewohner von Canberra, die Elektro- und andere emissionsfreie Fahrzeuge kaufen, automatisch die Zulassung für zwei Jahre frei. Das australische Hauptstadtterritorium verzichtet bereits auf die Steuer auf den Kauf von sauberen Autos. Weiterhin verspricht sie Haushalten und gemeinnützigen Organisationen zinslose Kredite von bis zu 15.000 Dollar für den Kauf von Elektrofahrzeugen.

‎Andererseits verabschiedete das viktorianische Parlament im Mai 2021 die erste Straßennutzungsgebühr des Landes – eine Steuer auf jeden gefahrenen Kilometer – für Elektrofahrzeuge und Hybride. Die Regierung argumentiert, dass sie eine neue Steuer auf Elektrofahrzeuge erheben musste, weil die Fahrer dieser Fahrzeuge ja keine Steuer auf Kraftstoff zahlen. Das macht ungefähr so viel Sinn wie die Besteuerung von Nikotinpflastern auf der Grundlage, dass diejenigen, die das Rauchen aufgeben, keine Tabaksteuer mehr zahlen.‎

‎Aber die Regierung von New South Wales hat gerade angekündigt, dass sie auf die Steuer auf den Kauf von Elektrofahrzeugen verzichten wird. Weiterhin wird sie Subventionen für 25.000 Neuanschaffungen gewähren. Dies sei Teil einer 490-Millionen-Dollar-Strategie, um die Nutzung von Elektrofahrzeugen voranzutreiben.‎

Schlussfolgerung‎

‎Die australische Buschfeuersaison 2019/20 war ein enormes klimatisches Ereignis. Infolgedessen entstanden die größten Waldbrände, die Australien je gesehen hat. Gleichzeitig gehört Australien zu den Ländern der Welt mit dem höchsten durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch und den höchsten CO2-Emissionen pro km. Dies zu ändern bedeutet, die Zahl der Elektrofahrzeuge zu erhöhen. Eine Straßenbenutzungsgebühr für Elektrofahrzeuge sollte viele, viele Jahre nicht auf dem Plan sein. Nicht jetzt und nicht bevor Australien einen vernünftigen Markt für Elektrofahrzeuge und das richtige Maß an Angebot hat. Die Nutzung von Elektrofahrzeugen muss mehr gefördert werden.‎

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