Verkehr

Fahrradfahren in Australien

Australien ist ein klassisches Autofahrerland und nicht unbedingt das Traumland zum Fahrradfahren. Aufgrund der Entfernungen ist das Auto (oder der LKW) ungeschlagen die Nr. 1 der genutzten Verkehrsmittel. Auch öffentliche Verkehrsmittel sind – insbesondere außerhalb der großen Metropolen – weit davon entfernt, die Dichte und Frequenz vieler anderer Industrieländer zu erreichen. Aufgrund der flächenmäßig stark ausgedehnten Städte ist sicher auch nicht immer lohnenswert, entsprechende Netzangebote vorzuhalten.

Öffentliche Verkehrsmittel sind oft keine Alternative

Wenn ich z.B. von unserer Wohnung morgens mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Southport fahren möchte, so brauche ich für die Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 1 Stunde und 5 Minuten (gem. Journey Planner von Translink). Mit dem eigenen Auto brächte ich etwas mehr als ein Drittel der Zeit. Möchte ich die gleiche Strecke um 19:00 Uhr zurücklegen, so gibt Translink hier schon eine Reisezeit von 1 Stunde und 42 Minuten an. Mit dem PKW würde das abends nur 20 Minuten dauern.

Eine gesunde und sportliche Alternative zum Auto wäre sicherlich das Fahrrad. Meine Frau und ich sind gut mit Fahrrädern ausgestattet und es auch von München her gewohnt, täglich weite Strecken mit dem Fahrrad zurückzulegen. Doch die Voraussetzungen hier in Australien sind etwas anders.

Ein Grund, nicht das Fahrrad zu nutzen, sind im Sommer die hohen Temperaturen verbunden mit hoher Luftfeuchtigkeit. Das führt dazu, dass man mit nahezu gleicher Wahrscheinlichkeit wie die Höhe der jeweils aktuellen relativen Luftfeuchtigkeit nach der Radtour eine gute Dusche benötigt (100% Luftfeuchtigkeit = 100% Duschnotwendigkeit). Und wenn dann am Zielort (Arbeitsstelle, Restaurant, Einladung bei Freunden …) keine Dusche vorhanden ist, hat man ein Problem. Obwohl eine Einladung bei Freunden im Sommer in der Regel mit einem Aufenthalt im Freien (z.B. zum Grillen) verbunden ist, was hier in dieser Situation von Vorteil wäre …

 Einer von fünf australischen Fahrern gibt laut Umfrage zu, auf Radfahrer generell wütend zu reagieren

Ein anderer evtl. noch gewichtigerer Grund ist, dass sich Radfahrer noch nicht in den Köpfen der Autofahrer als gleichberechtigte Partner im Straßenverkehr etabliert haben. Nicht gerade wenige sehen in Radfahrer eher ein Verkehrshindernis und machen sich ein Spaß daraus, dies auch mit ihrer Fahrweise zum Ausdruck zu bringen. Ein Artikel in “The Guardian” vom 2. November 2018 verweist auf eine aktuelle Studie, wonach 20% der australischen Autofahrer Wut im Straßenverkehr gegenüber Radfahrern zugeben. Die von Ford Australia veröffentlichte Umfrage ergab, dass die Wut unter den 18- bis 34-Jährigen am höchsten war. 23% der Befragten gaben zu, dass sie beim Passieren eines Radfahrers fluchten, hupten oder entsprechende Handgesten machen. Meiner Frau und mir ist das nicht nur einmal passiert.

Auch haben wir es schon erlebt, dass Autofahrer – nach unserer Wahrnehmung – bewußt Nahe an uns herangefahren sind, um uns zu erschrecken. In einem Video, was ebenfalls im Artikel des Guardian gezeigt wird, kommt dies besonders dramatisch zum Ausdruck. Es zeigt einen Radfahrer, der auf einem Radweg in Melbourne unterwegs ist, als ein dunkles Auto nach links schwenkt und ihn dabei absichtlich anfährt. Der Fahrer steigt dann aus, greift nach dem Fahrrad, wirft es in die nahe gelegenen Büsche und beschimpft den Radfahrer.

Auch solche Verhaltensweisen sind mit der Grund, warum man erst langsam in Australien die Radfahrer häufiger im täglichen Straßenverkehr sehen kann. Dies wiederum mehr in den großen Metropolen (Sydney, Melbourne, Adelaide, Brisbane) als in den kleineren Städten. Auch hier an der Gold Coast stechen trotz einer Bevölkerung von ca. 650.000 Menschen die wenigen Radfahrer immer wieder heraus.

 Die Regierungen und Kommunen verbessern die Fahrradinfrastruktur

Nichtsdestotrotz bemühen sich sowohl die Landesregierungen als auch die jeweiligen Kommunen, den Radverkehr zu fördern. Es werden immer mehr Radwege angelegt, auf den Straßen jede Menge Markierungen angebracht, die darauf hinweisen, dass auch Radfahrer diese Straße benutzen (gelbes Fahrrad auf Straße) und die Gesetze angepasst (z.B. muss man zwischen 1 und 1,5 Meter Seitenabstand halten, wenn man ein Fahrrad überholt). Weiterhin gibt es online schon ein recht gutes Angebot für Radfahrer (Beispiel Gold Coast). Trotzdem ist es immer wieder ein kleines Abenteuer, wenn man längere Strecken mit dem Fahrrad fahren will.

Oft enden z.B. die Radwege einfach im Nichts und man muss auf eine viel befahrene Straße ausweichen. Die Radwege sind in der Regel nicht durchgängig und zusammenhängend, also ein ziemliches Stückwerk. Auch machen die Markierungen für die Radfahrer häufig nicht viel Sinn. Weiterhin muss man recht eiserne Nerven haben, wenn die Autos auf ca. 1 Meter hinter einem dicht auffahren und wenn das dann noch einer der riesigen LKWs ist…

Aber trotzdem, auch hier ist es eine ernstzunehmende Alternative zum Auto, insbesondere in den “Winter”monaten, bei herrlichem Radfahrerwetter. Und je mehr Leute Fahrrad fahren, desto mehr wird auch für den Radverkehr gemacht.

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